Teresa Bücker: Alle Zeit
Inhaltswarnung: Alle_Zeit von Teresa Bücker @teresabuecker ist ein interessantes Buch darüber, wie wir in unserem Alltag mit Lebenszeit umgehen, wie viel davon von Erwerbsarbeit eingenommen und wie Care-Arbeit anerkannt werden sollte. Mehr gibt es hinter dem Link. https
Alle_Zeit von Teresa Bücker (@teresabuecker) ist ein interessantes Buch darüber, wie wir in unserem Alltag mit Lebenszeit umgehen, wie viel davon von Erwerbsarbeit eingenommen und wie Care-Arbeit anerkannt werden sollte.
Ich persönlich hätte mir da etwas mehr historische Einordnung gewünscht, insbesondere da der Kampf um die tägliche Arbeitszeit schon seit Jahrhunderten gekämpft wird. Schön nachzulesen auch im ersten Band des Kapitals. Wer sich jetzt eine flächendeckende 4-Tage-Woche wünscht, sollte im Hinterkopf haben, gegen welche Widerstände aus der Industrie man da zu kämpfen hat.
Ich frage mich ja, wie unsere Eltern-Generation, die ja im Wesentlichen genau so eine 35- bis 40-Stundenwoche gearbeitet hat, damit scheinbar besser klar gekommen ist. Im Buch habe ich dazu nur gefunden, dass wir heute mehr Pendeln als früher:
So ist die Zahl der Pendler_innen in Deutschland stetig gewachsen – von 14,9 Millionen im Jahr 2000 auf 19,3 Millionen in 2018 –, und die durchschnittliche Strecke verlängerte sich von 15 auf 17 Kilometer.
Meiner persönlichen Meinung nach kommen dazu aber noch mindestens zwei weitere Punkte.
Zum einen hat sich die Arbeit weiter verdichtet. Zumindest was Bürotätigkeiten angeht ist das mein Eindruck. Die erwarteten Antwortzeiten sind dank E-Mail von Tagen auf Stunden verkürzt worden, durch Teams und Co werden wir immer wieder gestört.
Man kann Reisen dank Google-Maps Minuten- statt Stundengenau planen und hat deswegen weniger Puffer im Terminkalender. Einfache, repitative Aufgaben durch die man in einen Flow-Zustand kommt wurden automatisiert. Allerdings weiß ich auch überhaupt nicht, wie sich vor 70 Jahren jemand an einem Fließband gefühlt hat, der den ganzen Tag nur diese einfachen, repitativen Aufgaben ausgeführt hat und ob das besser oder schlechter war.
Zum anderen beanspruchen Medien mehr unserer Frei- und Erholungszeit für den Konsum ihrer Produkte. Jede Minute, die wir mehr auf Sozialen Medien verbringen, bedeutet mehr Wachstum für Google, Facebook und Co. Um diesen Wachstum kämpfen die Unternehmen mit unfairen Mitteln, indem sie die Abhängigkeit unseres Gehirns nach Dopamin ausnutzen. Insofern ist unsere permanente Erschöpfung auch ein problem des Kapitalismus, der sich auf der Suche nach Raum für weiteres Wachstum selbst in unseren Nachtschlaf ausbreitet.